Authentic Movement

Übersicht

Authentic Movement ist eine Bewegungs- und Achtsamkeitspraxis, in der wir uns sowohl selbst bewegen als auch andere in ihrer Bewegung sehen – „bezeugen“. Die Bewegung erfolgt hier in Stille und mit geschlossenen Augen. Wir werden offen für die inneren Impulse des Körpers und finden Zugang zur Weisheit unseres Körper abseits vom alltäglichen Funktionieren.

Das erste Mal…

Die erst Male Authentic Movement können Überwindung kosten. Das ganze Konzept kann sich seltsam anfühlen. Das ist ganz normal. Wir sind es meist nicht gewohnt, wohlwollend gesehen zu werden. Oft haben wir es eher erlebt, dass wir beurteilt wurden; dass wir gut sind, wenn wir etwas leisten. Die meisten von uns tragen die Annahme in sich, in irgendeiner Form nicht gut genug zu sein: nicht schön genug, nicht erfolgreich genug, nicht interessant genug,….

Im Authentic Movement dürfen wir nach und nach lernen, dass wir, so, wie wir in dem Moment sind, vollkommen und gut und richtig sind. Wir lernen unsere inneren Impulse zu spüren, ihnen nachzugehen, und darin herzlich gesehen zu werden.

Faszination Authentic Movement

Mit wiederkehrender Praxis stärken wir unsere Kreativität und unsere Ausdruckskraft. Wir werden mehr wir selbst. Vielleicht finden wir und nähren wir einen sehr hilfreichen Anteil in uns: unsere innere wohlwollende Zeugin. Jenen Anteil, in dem wir liebevoll und herzlich zu uns selbst sind.

Das Unbewusst darf in uns Raum einnehmen in dem wir ihm Raum geben, zum Beispiel durch Tanzen oder Tönen.

„Je länger wir uns erlauben, nicht begreifen zu müssen, was es ist was wir tun, desto mehr wachsen wir in uns hinein.“

Authentic Movement kommt im therapeutischen Kontext zum Einsatz, dient als Inspirationsquelle für künstlerische Prozesse, ist Ausdruck natürlicher Spiritualität, ist ein Weg um in tiefe Schichten des Selbst einzutauchen und mehr mit sich selbst und mit anderen in Verbindung zu kommen.

Wurzeln

Authentic Movement hat seine Wurzeln in der Tanztherapie und der Psychotherapie nach C.G. Jung hat. Es wurde von Mary Starks Whitehouse in den USA begründet und insbesondere von Janet Adler weiterentwickelt.

Rollen

Im Authentic Movement gibt es zwei Rollen: Die Rolle der Bewegenden und die der Zeugin.

Als Bewegende schließe ich meine Augen und wartet auf innere Impulse meines Körpers. Ich lasse diese Impulse zu, lasse mich von ihnen bewegen. Es gibt nichts zu tun, zu leisten oder für andere darzustellen. Der Verstand darf Ruhen und der Körper die Führung übernehmen. Was daraus entsteht, ist von Mensch zu Mensch und von Mal zu Mal – vielleicht auch von Minute zu Minute – ganz unterschiedlich: ruhig, wild, verspielt, still, zärtlich, wütend, gelangweilt, sehnsüchtig, müde … Die Bewegung erfolgt in Stille, es gibt keine Musik und es wird nicht gesprochen. Doch Geräusche und Laute sind willkommen.

Als Zeugin schule ich meine Aufmerksamkeit, meine Selbstwahrnehmung und mein Mitgefühl .

Ich beobachte mit offenem Herzen und möglichst urteilsfrei meine Bewegende. Ich bin präsent und aufmerksam und nehme meine Bewegende wahr. Genauso wie ich bewusst meine eigene innere Reaktion auf das, was ich im Außen wahrnehme, spüre. Ich konzentriere mich auf das, was ist und lasse es dann auch wieder los. Erinnern ist ein „Bonus“. Ich bin nicht zuständig für die Sicherheit meiner Bewegenden, auch wenn diese sich mit geschlossenen Augen bewegt. Ich biete vor und nach dem Bewegen meinen Augenkontakt an. Am Wichtigsten ist jedoch meine simple Gegenwärtigkeit, dass ich mit meiner Aufmerksamkeit bei meiner Bewegenden und meinem inneren Erleben im hier und jetzt bin.

Ablauf und Struktur

Es gibt verschiedene Formate, in denen Authentic Movement praktiziert wird.

Bewegungszeit

Im Abendkurs arbeiten wir oft in Dyaden: Wir finden uns zu zweit, sodass jede von uns sowohl Zeit zum Bewegen als auch zum Bezeugen hat. Während dieser Zeit wird nicht gesprochen und es spielt auch keine Musik.

  • Alle gemeinsam bilden wir als Gruppe einen großen Kreis und machen eine Anfangsgeste.
  • Dann kommt die Hälfte der Gruppe – aus jeder Dyade eine Person – in den Kreis und beginnt sich mit geschlossenen Augen nach ihrem inneren Impulsen zu bewegen. Die andere Hälfte der Gruppe bleibt in der Rolle der Zeugen im äußeren Kreis sitzen.
  • Nach einer festgelegten Zeitspanne (z.B. zwölf Minuten) gibt es ein Signal, die Bewegenden kehren in den Kreis zurück, wir machen eine gemeinsame Geste
  • Die Rollen werden getauscht und die zweite Hälfte der Gruppe kommt in den Kreis und bewegt mit geschlossenen Augen.
  • Nach einer festgelegten Zeitspanne (z.B. zwölf Minuten) gibt es ein Signal, die Bewegenden kehren in den Kreis zurück, wir machen eine gemeinsame abschließende Geste.

Übergangszeit

Im Anschluss gibt es zumeist eine Übergangszeit in Stille, oft mit der Möglichkeit zum freien Malen oder Schreiben.

Sharing

Nach der Bewegungszeit und der Übergangszeit treffen wir uns paarweise oder im großen Kreis zum Austausch. Zuerst spricht die erste Bewegende und bekommt, wenn sie möchte, Zeugschaft. danach die zweite Bewegende.

Es werden keine Rückfragen gestellt, und es entsteht keine Diskussion oder Dialog. Sowohl die Bewegende als auch die Zeugin sprechen im Präsens von ihrem Erleben um es noch mal zu vergegenwärtigen. Dabei erzählen wir von dem was was in uns noch nachklingtohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Chronologie.

Wir können erzählen von der Bewegung (ich bewege …), unserem Gefühl dabei ( ich fühle mich…) und den Bildern und Gedanken in uns (ich habe die Geschichte…, in mir ist das Bild von …). Als Zeichen, dass ich fertig gesprochen habe , lege ich meine Hände auf den Boden.

Dann kann die Zeugin fragen: Möchtest du Zeugschaft? Wenn ja, dann erzähle ich als Zeugin ebenfalls im Präsens und in Ich-Sprache von meinem Erleben: „Ich sehe ….“,  „ich fühle … „und eventuell: „In meiner Geschichte…“. Es ist eine wunderbare Übung um Wahrnehmung und Interpretation zu trennen. Wenn ich mich an nichts erinnern kann, genügt ein „Ich sehe dich“.

Emotionales Wohlbefinden

Beim Authentic Movement öffnen wir uns und machen uns verletzlich. Wir heißen uns in dieser Verletzlichkeit und Emotionalität willkommen.

Gleichzeitig bin ich keine Therapeutin und setze voraus, dass jede/r in Selbstverantwortung teilnimmt und Kapazität an Selbstregulation mitbringt.
Bitte check mit dir selbst immer wieder ein, wie es dir gerade geht und was du gerade brauchst. Selbstverantwortung heißt dass ich mir meiner Bedürfnisse bewusst bin und mich darum kümmere, entweder selbst oder dadurch dass ich andere um Hilfe bitte.

„You can never go to deep, you can only go too fast“

Du musst beim Authentic Movement nichts „durchleiden“. Möglichkeiten um aus zu tiefen Prozessen aufzutauchen:

  • Atme bewusst und langsam und spür die Ausdehnung in deinem Körper
  • Fühl den Boden unter dir, seine Struktur, deinen Körper auf ihm
  • Öffne die Augen
  • Suche Blickkontakt mit deiner Zeugin / der Kursleiterin
  • Sag „Stopp“

Sich aufs Nicht-Wissen einlassen.

Worte können nur ein Wegweiser sein. Was Authentic Movement für jeden einzelnen an Erfahrung und Potential bietet, zeigt sich erst im Erleben. Es kommt erst durch die Erfahrung in die Welt.
Authentic Movement ist ein Eintauchen ins „Nicht-Wissen“. Ins Vertrauen in uns selbst und ineinander.  

Through authentic movement I’ve learned, first of all,  to trust in process – that regardless of outcome, process is valuable in itself.
Secondly, I’ve learned to trust in my body, and my experience, which is unique and my own. I am the expert of me and my experiences. I can contain many parts, including paradoxes. 
I can be with myself and be with others at the same time.
And noticing my moment-to-moment sensations, perceptions, thoughts and feelings, and allowing them to move through me, encourages my awareness of the present moment. This leads to spontaneity, creativity and often, new Insight.

(E. Connor Kelly , Ausschnitt aus „From Parenting and Re-parenting with Authentic Movement“)